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1. Wie alles anfing

Alles begann damit, dass ich schon, bevor ich laufen konnte, auf dem Schoße meiner Mutter sitzend, das großelterliche Klavier mit beiden Händen und wachsender Begeisterung malträtierte. Dieses Klavier ging später in unseren Besitz über und meine Mutter vermittelte mir die ersten Grundbegriffe des Klavierspielens, sodass ich am Heiligabend des Jahres 1970 in der Lage war meinem Vater als Weihnachtsgeschenk „Ihr Kinderlein kommet“ vorzuspielen.

Zu meinem 10. Geburtstag (ich wurde 9 Jahre alt) erhielt ich dann meine erste offizielle Klavierstunde. Fr. Opitz sollte forthin versuchen mir die Lust am Musizieren zu verderben, in dem sie mich mit Etuden und moderner, klassischer Musik strapazierte. Fast hätte Sie es geschafft doch meine Eltern zogen rechtzeitig die Reißleine und engagierten Fr. Wallscheid.
 

2. Fr. Wallscheid
 

Fr. Wallscheid, in Trier auch als Gellerischs Gretel bekannt, hatte sich in der (Nach) Kriegszeit einen Namen gemacht, in dem Sie mit Akkordeon bewaffnet durch die damalige Trierer Kneipenszene zog und Gassenhauer zum Besten gab um mit dem anschließend eingesammelten Kleingeld ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Nun etwas in die Jahre gekommen und nicht mehr auf das Tingeln angewiesen, hatte sie sich dem Klavierunterricht verschrieben, was mir zu Gute kommen sollte.

An den ersten Besuch von ihr kann ich mich noch ganz genau erinnern. Pelzbemantelt stand sie in der Eingangstür, für mich im zarten Alter von zehn Jahren ein gigantisches Weibsbild, das sich nach Ablegen des eben erwähnten Winterbekleidungsstückes, als eher langes, dünnes Gestell mit riesigen Armen und Spinnenfingern entpuppte. Das furchige Gesicht lies erkennen, dass Fr. Wallscheid schon so einiges in ihrem Leben durchgemacht haben musste, war aber keineswegs angsteinflößend sondern freundlich und aufgeschlossen.

Kaum am Klavier angekommen wurde der Deckel geöffnet und beim anschließend dargebotenen Schlager „Tanzende Finger“ konnte man hören und sehen, woher das Lied seinen Namen hat.

Das Piano wurde in seiner Gänze, mit einer Geschwindigkeit und Lautstärke bedient, dass einem schwindlig werden konnte. Ich stand mit offenem Mund fasziniert daneben und dachte: „Wahnsinn, das will ich auch können!“

Fr. Wallscheid, nahm mich anschließend in den Arm und meinte: „So mei Jung, dann zeich mal wat Du scho gelernt has.“

Für mich kam das einer Prüfung gleich und obwohl ich mich auf dieses Treffen intensiv vorbereitet hatte, war ich total nervös und lernte zum erstenmal das Gefühl Lampenfieber kennen, das mich bis heute immer wieder ereilt.

Ich kann mich so gut wie ich will auf einen Auftritt vorbereiten, kurz vorher kommen dann die Zweifel: „Hast Du das richtige Programm, hoffentlich verspielst Du dich nicht, ist das Publikum ok, bist Du richtig angezogen, hält die Anlage?“ usw..“

Genau dieses fehlende Selbstbewusstsein, sich seiner Sache einfach sicher zu sein, die man hundertmal geprobt hat, sich einfach auf seine Fähigkeiten zu verlassen, auf die Bühne zu gehen und loszulegen ist es, das bei mir die Panik hervorruft und zu zittrigen, schwitzigen Fingern führt.

Gott sei Dank verschwindet dieses Gefühl in fast allen Fällen nach den ersten 10 bis 20 Minuten, dann kann ich befreit aufspielen und mich auf meine Fertigkeiten verlassen.

Seit ich angefangen habe zu singen, stellt sich spätestens 2-3 Tage vor einem Auftritt auch immer eine Pseudoheiserkeit ein, die pünktlich zum Soundcheck wie weggeblasen ist.

So saß ich nun da auf meinen Klavierhocker mit zittrigen Fingern und spielte meiner neuen Klavierlehrerin vor was ich schon konnte.

Ein „In die Hände klatschen“ gefolgt von einem:“ Dat haste aber schön gemacht!“ war das Ergebnis meiner Bemühungen. Sofort wurde die Unterrichtsstrategie geändert. Das trockene Etudenalbum wich einer Klavierschule mit gefälligen Stücken.

Es begann ein langjähriges Schüler- Klavierlehrerinnenverhältnis der besonderen Art.

Fr. Wallscheid, immer aufgeschlossen für alle Wünsche, hatte das Talent einen bei der Stange zu halten. Auch wenn es nicht einfach war täglich zu Üben, erhielt sie mir doch die Lust und Freude am Klavierspielen. Das lag an der Auswahl der Stücke und ihrer stets gut gelaunten Art. An manchen Tagen, wenn ich aus der Schule kam setzte ich mich noch vor dem Essen ans Klavier und spielte mir den Frust von der Seele, bis meine Mutter es nicht mehr aushielt und mich freundlich aufforderte doch essen zu kommen, da sonst alles kalt würde. Fr. Wallscheid brachte mir damals auch schon bei, Schlager, die ich nach Gehör nachspielen konnte auf Notenlinien zu bringen oder ließ mich zu bestimmten Titeln einfach improvisieren, was meinem heutigen Spiel immer noch sehr zu Gute kommt.

Später kamen Straußwalzer, Sonaten und Sonatinen sowie andere einzelne klassische Stücke hinzu.

Nach jeder Klavierstunde bekam Fr. Wallscheid noch ihren obligatorischen „Onefortheroad“ manchmal auch noch einen „Aufeinembeinkannmannichtstehen“. Dann schwebte sie hinaus zum nächsten Schüler. Der Duft ihres schweren Parfüms hing jedoch noch einige Zeit später in unserem Wohnzimmer.

 

Die Haare wurden länger,

die Hosen oben weiter

unten enger

und die Gürtel wurden breiter

und konnt ich nicht der erste sein

der so ne Hose hatte

alsogut dann war ich immerhin noch zweiter

 

3. Orgeln

Mit der Zeit änderte sich auch mein Musikgeschmack. Meine erste selbsterstandene LP war ein Beethoven Klavierkonzert und die zweite war eine von Ekseption. Mit den veränderten Hörgewohnheiten wuchs auch der Wunsch auf ein elektronisches Instrument. Eine Heimorgel sollte her.

Ein benachbarter Hobbyelektroniker hatte sich gerade seine erste Dr. Böhm gebaut und somit verkaufte er eine Solina mit eingebautem Leslie für sage und schreibe 2000,-DM ein günstiger Preis, lag doch der Neupreis bei der doppelten Summe. 2000,- DM waren trotzdem damals ein halbes Vermögen.

Die Orgel hatte eher einen sakralen, kirchenorgelähnlichen Klang, nur Kippschalter und keine Zugriegel aber einen einoktavigen Fußbass.

Das eingebaute Leslie verlieh dem Ganzen einen Hauch von Rock-Pop. Um die Spielweise auf einer zweimanualigen Orgel mit Fußbass zu erlernen nahm ich Orgelunterricht in der Yamaha Musikschule des Musikhauses Hübner. Ein kleiner Raum mit 8 Yamaha Orgeln vollgestellt, in der mit Kopfhörer geübt wurde diente als Schulungsraum.

Viktor Vobornik, ehemaliger Kapellmeister bei Radio Prag war unser Lehrer. Hier lernte ich viel in Sachen Harmonielehre, moderneren Arrangements sowie das Spiel mit Fußbass und Rhythmusgerät.

In regelmäßigen Abständen erfolgte ein Vorspiel des bereits Erlernten im Kreise der Elternschaft. Dieses Ereignis fand auch immer mit Namensnennung, Titel der aufgeführten Lieder und Bild, in der hiesigen Presse Beachtung. Da waren wir schon ganz schön stolz in der Tageszeitung erwähnt zu werden.

Bei der ersten Veranstaltung an der ich teilnahm, spielte ich auf dem Klavier, da ich erst einige Wochen Orgelunterricht hatte deshalb kam ein Stück zum Vortrag, dass ich noch bei Fr. Wallscheid erlernt hatte.

Die Auftrittsreihenfolge der Schüler richtet sich nach ihrem Können und so war man stolz wenn man später, in den folgenden Veranstaltungen weiter nach hinten rutschte um am Ende gar als Letzter und somit als krönender Abschluss spielen zu können. Der Nachteil bei diesen Auftritten war, dass auch hier das Lampenfiber nach 10-20 Minuten vorbei war, man dann allerdings schon wieder unter den Zuschauern saß.

Meine Solina hatte keine Rythmusgerät. Zu dieser Zeit gab es schon externe Geräte, z. Bsp. das Korg Minipops

   

 

Dieses Teil wurde über ein Klinkenkabel an die Orgel angeschlossen und konnte per Fußschalter gestartet und gestoppt werden. Aber vielmehr als „Bumm und Klick“ war der Maschine nicht zu entlocken. Für die damalige Zeit (ca. 1976) war es jedoch revolutionär. Den Lambada gab es allerdings noch nicht.

So kaufte ich mir Noten von aktuellen Titeln oder hörte mir die Lieder am Radio bzw. Tonband so lange an bis ich sie nachspielen konnte.

Eine beliebte Art sich Titel zu besorgen war damals auch die Aufnahme aus dem Fernsehen. In Ermangelung eines passenden Kabels wurde einfach ein Mikrofon vor den Lautsprecher der Flimmerkiste gestellt, um die Musik auf Magnetband zu konservieren. Dies hatte natürlich zur Folge, dass alle Nebengeräusche mit auf der Aufnahme waren; Husten, Niesen oder die Ermahnung der Mutter an den Vater: „Psst…., der Junge nimmt auf!“. Von Raubkopien war zu dieser Zeit noch nicht die Rede, deshalb brauchte man auch kein schlechtes Gewissen zu haben.

Hatte man sich damals z. Bsp. „A Whiter shade of Pale“ draufgeschafft und konnte das dann auch noch mit Fußpedal und Rhythmusgerät spielen fühlte man sich schon wie ein kleiner Rockstar, aber nur ein ganz kleiner.

Eine Episode ist mir jedoch noch ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Ich saß eines nachmittags an meiner Solina und spielte so vor mich hin, mein Freund Markus saß neben mir auf der Orgelbank, als die Orgel plötzlich zu sprechen begann. Erschrocken schauten wir uns an. Da, schon wieder, es war ganz deutlich zu hören „Luxemburger Platt“. Meine Orgel sprach letzeburgisch. Auch das noch warum nicht Zewener oder wenigstens Trier Platt?

Nach einiger Zeit des Grübelns und Nachforschens stellte sich heraus, dass auf dem Parkstreifen vor unserm Haus, ein Auto mit luxemburgischen Kennzeichen stand, in dem ein Mann mit seiner Amateurfunkanlage fleißig am Funken war und dieses Gespräch aus unerfindlichen Gründen in meine Orgel übertragen wurde, was dann für Verwirrung im Hause Bösen gesorgt hatte.

Einstens, als es Sonntag wieder
Und Herr Lämpel brav und bieder

In der Kirche mit Gefühle
Saß vor seinem Orgelspiele

 


4. Erste Gehversuche

Immer mehr wuchs der Wunsch eine Band zu gründen. Im Freundeskreis gab es etliche Musiker. Klarinettisten, Hornisten, ja sogar Gitarristen, jedoch meistens nur mit Wandergitarre ausgestattet und somit für ein Rockprojekt eher ungeeignet. Was für Lagerfeuerromantik mit „Blowing in the Wind“ Voraussetzung war oder im Musikverein unentbehrlich, eignete sich noch lange nicht für den Beginn einer Rock Karriere.

Der Zufall wollte es, dass ich Harald kennenlernte. Er hatte genau wie ich ergebnislos versucht auf einem Trierer Gymnasium das Abi zu machen und musste es genau wie ich vorzeitig verlassen, um nicht schon in der Untersekunda im heiratsfähigen Alter zu sein und der Klassenlehrerin einen unsittlich Antrag zu machen.

Auch er hatte Französisch als erste Fremdsprache und da es in Trier nur eine Hauptschule gab die diese Möglichkeit anbot, trafen wir uns in eben dieser 9. Klasse auf der Theodor-Heuss Hauptschule in Trier Nord, um uns anschließend noch für das freiwillige 10. Schuljahr zu qualifizieren, dass zum erstenmal angeboten wurde.

Harald war ein „Freak“. Lange Haare, Nickel(Sonnen)brille und ein Atomkraft nein Danke Anstecker am Revers der Anzugsweste, die lässig über verknitterten Hemden, die auf keinen Fall in die Hose gesteckt werden durften und über Flickenjeans getragen wurde. Genau wie ich. Er hörte unter anderem Dubliners, Ougenweide, Genesis und Pink Floyd. Genau wie ich. Und das Schärfste war, er konnte Gitarre spielen, besaß sogar eine echte Stromgitarre. Ich nicht.

Ein Schlagzeuger war schnell gefunden. Mein Freund Manni, mit Armen ausgestattet, die manchereinem als Oberschenkel zu dick erschienen wären, war damals im Musikverein Zewen, der zweite Mann für alle Felle. Er war stolzer Besitzer eines eigenen Sonor Drum Sets, dass er später mit Hilfe von schwarzer Klebefolie restauriert hatte. Über dem Ridebecken hing eine kleine Kette, die für einen besonderen Sound sorgen sollte.

Diese Kette fehlte wohl schon seit längerer Zeit im elterlichen Badzimmer, am Stöpsel der für den Verschluss der Wanne zuständig war.

 

 

In Ermangelung eines Proberaums und der Möglichkeit eine Konsolenorgel zu transportieren musste unser Wohnzimmer zum Üben herhalten.

Harald kam mit dem Bus aus Trier und Manni, der nur zwei Ecken weiter wohnte packte sein Schlagzeug in einen Handwagen, der vorher beim Ernten der Zewener Erdbeeren gute Dienste geleistet hatte.

In unserem Wohnzimmer wurden die Sessel beiseite geräumt, das Schlagzeug aufgebaut und die Gitarre ausgepackt, was zur Folge hatte, dass meine Eltern schon in die Küche flüchteten bevor der erste Ton gespielt war.

Die Gitarre konnte man, dank eines Einganges an der Rückseite, über die Orgel verstärken. Und, whow, Harald hatte einen echten Verzerrer dabei, der nicht wie heute üblich auf den Boden gestellt , sondern direkt an der Gitarre angebracht wurde.

Ein super Sound, der nur dadurch gestört wurde, wenn ich an der Orgel das Leslie anstellte.

Ein Bass war nicht von Nöten, denn solange ich den Fußbass bedienen konnte, reichte das völlig aus. Die Doors hatten auch keinen Bassisten!

Das erste Problem dass sich stellte war: „Was wollen wir eigentlich spielen?“ Die Antwort darauf war eine Gegenfrage: „Was können wir denn?“ Die Antwort darauf wiederum war relativ simpel. „The house of the rising sun” und “Midnight special.” Harmonien wusste jeder (außer dem Schlagzeuger natürlich), der Rhythmus war bekannt und so ging es dann los. Laut, schmutzig und falsch, doch wir hatten Gänsehaut und fühlten uns wie Stars.

Das Covern von Titeln, das war uns schon klar, konnte nicht zu einem bahnbrechenden Erfolg führen. Nur mit eigenen Kompositionen war der Durchbruch zu schaffen. Ziemlich selbstbewusst vergingen wir uns an der Deutschen liebstem Stück, der Nationalhymne und schrieben sie komplett neu. Die Idee ist also schon älter als Stefan Raabs. Die Harmonien war die Kandenz auf C-Dur (C/Am/F/G) Ein Heavy Beat auf den Drums, eine Post Punk abgehackte Verzerrergitarre und eine jammernde Solina, die wenn man sie heftig anstieß durch die eingebaute Hallspirale ein donnerähnliches Getöse von sich gab. Der Gesang beschränkte sich auf das Brüllen des Wortes Deutschland auf den Tönen C A F und G. Nach einigen Strophen in diesem Stil wurde noch heftig improvisiert um dann wieder die eingängige Strophe oder Refrain, ganz wie man will, gesanglich zu Gehör zubringen. Ein neuer Numberonehit war geboren. Noch einige Male trafen wir uns im bösenschen Wohnzimmer, was jedes Mal die Flucht sämtlicher Mitbewohner einschließlich aller Haustiere und der Nachbarschaft zur Folge hatte (nur der Goldfisch im Glas hatte keine Chance), ehe das Projekt einschlief noch bevor es richtig erwacht war.

Ich habe heute noch Kontakt zu Harald, der sich auf einer Karibikinsel niedergelassen hat und dort von den Tantiemen unserer komponierten Nationalhymne ein leichtes Leben führt. Nein, neidisch bin ich nicht. Erstens vertrage ich das Klima nicht und zweitens gibt es da keinen Viez.

 

5. Der erste Auftritt

Manni und ich trafen uns noch regelmäßig, jedoch eher zum Vieztrinken und Hähnchenessen als zum Proben. Ein denkwürdiges Ereignis war dann das nächste Pfarrfest. Abends am Bierstand stehend fiel uns auf, dass es keine Musik gab. Das durfte auf keinen Fall geduldet werden. Wir also nach Hause, Orgel und Schlagzeug geholt, aufgebaut und losgelegt.

Unser erster öffentlicher Auftritt!

Ich hatte damals schon aufgerüstet eine mobile Farfisa Orgel mit Fußbass und ein Dynacord Leslie, denen meine Lebensversicherung zum Opfer gefallen war, nannte ich mein Eigen.

 

Ein wunderschönes Instrument mit herrlich bunten Zugriegeln das man nach hinten kippen konnte um damals schon die Tasten stehend zu bedienen. Etwas schwierig war dann allerdings das gleichzeitige Betätigen des Lautstärkeschwellers und des Fußbasses.

Entweder - oder.

So schön und praktisch das Instrument auch war, der Sound war gewöhnungsbedürftig, aber für das kleine Geld musste man eben Prioritäten setzen.

Gesungen hab ich damals über ein Grundig Tonbandmikrophon welches ich mittels Adapter an mein Leslie angeschlossen hatte. Dieses Teil hatte einen interessanten Klang zumal das Leslie keinen Hall hatte, dafür aber dem Gesang durch seine sich langsam drehenden Hochtöner einen sphärischen Beigeschmack gab.

Der Auftritt war der Höhepunkt unserer bisherigen Karriere. Außer 2-3 Gleichaltrigen interessierte sich weiter niemand für die dargebotenen Schmankerln wie z. Bsp. Mendocino oder alte Volksweisen des hellhaarigen und dunkelbebrillten Barden, welche immer wieder durch die neue Nationalhymne unterbrochen wurden.

Der erfahrene Sänger Raimund schnappte sich das Mikrofon und zeigte uns wie man täuschend echt Rex Gildo und Elvis imitieren konnte. Beeindruckend! Damals! Für uns! Aber auch das war nicht unbedingt das, was das Publikum hören wollte.

Bei so viel Ignoranz blieb uns eigentlich nur übrig das Konzert vorzeitig zu beenden und uns dem Genuss alkoholischer Getränke in Form von gebrautem Hopfen und Malz hinzugeben.

Ein wenig hallte jedoch der Spruch von Wilhelm Busch in meinem Hinterkopf:

Musik oft störend wird empfunden

derweil sie mit Geräusch verbunden.

 

6. Zweiter Versuch

Wir ließen uns nicht entmutigen und eines schönen Tages kam Manni mit der Nachricht, er habe einen neuen Gitarristen gefunden, der einen Proberaum und sogar eine Gesangsanlage hatte.

Jörg Bieger war ein Gitarrist, der sich mit seinem Equipment im Pfarrheim einer Trier Kirche einquartiert hatte Die Miete bestand darin, auf dem jährlich stattfindenden Pfarrfest die musikalische Umrahmung kostenlos zur Verfügung zu stellen. Der Raum war höchsten 2m x 4m groß, aber immer noch besser als im Wohnzimmer zu proben.

Die Gesangsanlage bestand aus zwei Boxen und einer Echolette Röhrenendstufe mit 4 Eingängen sowie einem dazugehörigen Bandecho. 30 Jahre vorher war das mit Sicherheit der letzte Schrei gewesen. Ich glaube die Beatles hatten damals im Starclub über genau diese Anlage ein legendäres Konzert gegeben.

Jörg war ein netter Kerl, das Gitarrespielen hatte er jedoch nicht erfunden. Instrumentaltitel von den Shadows wusste er jedoch durch Pfeifen der Melodie zu retten. Eine unkonventionelle Methode. Zur Klasse von Ilse Werner oder Roger Witthaker hat er es aber leider nie geschafft.

 

 

Im Proberaum trieben sich damals auch diverse Mädchen rum, die Anlass dafür waren, dass wir und wie die Gockel benahmen, wussten wir doch, dass bekannte Bands nur so von Groupies umlagert wurden. Der Erfolg rückte immer näher ließ aber noch lange auf sich warten. Der Auftritt im Garten der weißen Väter war dank harter Probenarbeit gelungen. Die Mädels kamen auch immer noch in die Probe, aber nicht nur die Mädels. Auch der Verkäufer eines ansässigen Musikgeschäfts erschien um sich ein Bild vom Nachwuchs in der Gegend zu machen, waren wir doch potentielle Kunden.

Während einem besonders enthusiastisch (was damals oft mit laut verwechselt wurde) dargebotenen Stückes begann er plötzlich zu zucken warf sich auf den Boden war stocksteif und nicht mehr ansprechbar. Wir führten das natürlich auf unsere Musik zurück, hatte man nicht in der Presse von ekstatisch schreienden und kollabierenden Mädchen gehört und gelesen. Als er allerdings nach einigen Minuten immer noch nicht ansprechbar war schoben wir die Schuld auf eventuell eingenommene Drogen um nicht zur Verantwortung gezogen werden zu können. Wir riefen einen Krankenwagen der unseren Zuhörer auch prompt mit in die nächste Klinik nahm. Erst einige Jahre später im Rahmen meiner Krankenpflegeausbildung wurde mir klar, dass der Gute einen epileptischen Anfall erlitten hatte. Wodurch der jetzt letztendlich hervorgerufen wurde, war aber dann Gott sei Dank auch nicht mehr nachvollziehbar.

Jörg war selbstkritisch genug zu erkennen, dass in unserer Combo ein Sologitarrist fehlte und schleppte eines Tages Rüdiger Priebe an, der eine Aria Pro II Les Paul Copie und einen echten Fender Verstärker besaß.

 

Er konnte Stücke wie Perfidia und Ghostriders in the Sky fehlerfrei spielen und war außerdem in der Lage erste und zweite Stimme zu singen, (nein, nicht gleichzeitig) was unseren Sound ungemein aufpeppte.

Der Proberaum wurde zu klein und ein größerer musste gefunden werden. Das elterlische Wohnzimmer schied aus aber der Partykeller, der sowieso kaum noch genutzt wurde war die ideale Lösung. Hier stellte sich nun während der Proben ein erhöhter Publikumsverkehr ein, der meine Eltern in Hochzeiten zum Pförtnertum verurteilte.

Er machte 'ne Band auf mit Conny und Fats
sie nannten sich "The Heavy Cats"
sie rockten drauf los, bis sich die Klampfen verbogen
und ihnen die Trommelfelle um die Ohren flogen

 

7. Streetlight

Irgendwann strich Jörg dann aus gesundheitlichen Gründen die Segel und einige kleine Auftritte als Trio folgten. Die Besetzung war uns aber auf die Dauer zu klein und der Fußbass war auch nicht mehr das Gelbe vom Ei, da der Stecker desselben vor einem Auftritt in der Autotür eingeklemmt wurde und nicht mehr zu gebrauchen war. Die folgende Veranstaltung war nicht gerade von klanglicher Fülle gekennzeichnet.

So kamen Berni Bär und Rainer ins Spiel, die sich aber nur zu uns gesellen wollten, wenn sie ihren Schlagzeuger Manfred Schönberger mitbringen durften.

An dieser Stelle musste Manni Mergener lernen wie hart das Showbusiness ist. Er musste gehen. Berni hatte die klar besseren Argumente, die da waren: Eine neue Gesangsanlage, (die alte war ja mit dem Weggang von Jörg nicht mehr verfügbar), eine echte Fender Stratocaster, einen Fender Twin Reverb, eine Lichtorgel, ein Stroposkop und jede Menge Kohle und Bereitschaft neue Dinge zu erstehen. Außerdem war Berni ein guter Sologitarrist und Sänger. Einen VW-Bus zum Transport der Anlage und so was wie einen Roadie konnte er auch besorgen.
Der Roadie war sein Vater. Ein circa 1,60 m großer Mann im Alter von mindestens siebzig Jahren, der stets einen kleinen Hut trug und dessen Brillengläser dem Vergleich mit dem Sicherheitsglas einer Bank sicher standgehalten hätten. Herr Bär fuhr oft mit auf Tour, ich hatte aber damals ganz stark die Vermutung, dass er sich in unserer Gesellschaft wohler als zu Hause fühlte, da er von niemandem Vorhaltungen wegen des konsumierten Bieres gemacht bekam, was allerdings zur Folge hatte, dass er nach so manchem Auftritt, mit Brille genauso viel sah wie ohne. Als Roadie war er auch eher suboptimal. Ein chronisches Rückenleiden verbot es ihm schwerere Instrumente als Tamburine oder Querflöte zu tragen. Da wir keines dieser Instrumente im Bestand hatten, trug er dann manchmal die Noten oder einen Mikrofonständer. Geld lehnte er ab, sein Lohn sie der Erfolg der Band und nicht zuletzt das Bier, dass für Bandmitglieder natürlich kostenlos war. Wir liebten ihn, er gehörte einfach dazu und war so was wie unser Maskottchen. Oft, wenn die Sitzbank im VW Bus vollbesetzt war, baute sich Hr. Bär im Laderaum Mannis Schlagzeugstuhl auf, um auf diesem die mindestens halbstündige Heimfahrt anzutreten. An das Rumpeln und Fluchen in etwas schärferen Kurven hatte man sich schnell gewöhnt, wussten wir doch dass Hr. Bär sich nie ernstlich verletzen konnte, da er fiel wie eine Katze. Immer auf die Füße.

Der neue Manni war ein super flinker Drummer, der durchaus auch in der Lage war ein mehrminütiges Solo zu spielen. Ein Trier Urgestein, der alle anderssprechenden Menschen als Bauer oder Jannes bezeichnete. Sein Paradestück war Wipe out. Ein Instrumentaltitel bei dem sich Gitarre und Schlagzeug mit Solis abwechselten. Dieser Titel wurde immer dementsprechend laut dargeboten. Bei einer Hochzeit wurde es dem Wirt zu bunt und er dreht kurzerhand die Sicherung raus, was allerdings nur zur Folge hatte dass Manni ein Schlagzeugsolo zum Besten gab, bis der Strom wieder eingeschaltet wurde.

Rainer hatte eine echte Gibson Les Paul und war Rhythmusgitarrist. Ich erinnere mich nicht mehr an seinen Nachnamen, da er nicht so lange dabeiblieb, glaube aber zu wissen, dass er Lehrer war.

Der aufmerksame Leser hat sicher schon gemerkt auf welches Missverhältnis diese Besetzung hinsteuerte. Keyboard, Schlagzeug und 3 Gitarren aber immer noch kein Bass. Also wurde Rüdiger überredet die Gitarre an den Nagel zu hängen und Bass zu spielen.

Streetlight war geboren.

8. Crumar

Viele Auftritte wurden gespielt und die Anlage wurde, Berni sei Dank, ständig modifiziert. So kaufte er unter anderem eine neue Orgel auf der ich dann spielen durfte. Eine Crumar T2. Damals ein Flaggschiff unter den transportablen Orgeln. 2 manualig, mit Zugriegeln und Presets war sie in der Funktionalität und Optik den neueren Hammondmodellen nachempfunden.

Zusätzlich legte ich mir mein erstes Stringensemble zu. Ein Stringensemble ist ein Instrument, das Streicherklänge erzeugt. Der Multiman S von Crumar, in Fachkreisen auch liebevoll die singende Säge genannt, konnte noch mehr. Er hatte bläserähnliche Sounds, ebenso war ein E-Piano implementiert. Diese waren jedoch nur im Notfall einsetzbar, da der Sound sehr zu wünschen übrig ließ.

Der Multiman hatte keine eigenen Füße, wie man das von Orgeln gewohnt war. Er musste also mittels eines extra Ständers über die Orgel gestellt werden. So ein Ständer kostete damals schon 300,- DM. Mein Budget war jedoch durch die Anschaffung des Stringensembles komplett ausgeschöpft. Was war zu tun? So war das Gerät nicht einsetzbar.

Unser damaliger Haus und Hoflieferant war das Musikhaus Jakobs und Laskowski ein chaotischer Laden in dem man alles, was für Musiker schön und wichtig war, kaufen oder leihen konnte. Lasko machte immer super Sonderpreise und man fragte sich wie der Laden überhaupt bestehen konnte, hatte man doch den Eindruck, dass nicht ein einziger Pfennig bei den Geschäften die dort getätigt wurden hängenblieb.

In eben diesem Geschäft gab es einen 3fach Ständer der genau gepasst hätte. Das einzige was noch in Frage kam war eine Inzahlungnahme. Ich hatte ja noch mein gutes altes Rhythmusgerät, das vor einigen Jahren ca. 700,- DM gekostet hatte. Da der Ständer wesentlich weniger wert war legte Lasko kurzerhand noch eine zwölfseitige Westerngitarre dazu und der Deal war perfekt. Methoden wie auf einem tunesischen Basar nur dass hier keine Kamele getauscht wurden, obwohl ich mir sicher bin, dass Lasko auch diese hätte besorgen können.

 

9. Foursound

Klaus-Peter Müller, im Folgenden Möpp genannt, der Bassist einer gut gebuchten Kombo rief mich an um mir mitzuteilen, dass sein Gitarrist und sein Keyboarder die Band verlassen hätten und er neue Leute suchte. Diesem verlockenden Angebot konnten Berni und ich nicht widerstehen. Wir lösten Streetlight auf und gründeten mit Möpp und Helmut Molz die Gruppe Foursound. Gespielt wurden einige lustige Veranstaltungen unter anderem in der Märchengrotte in Herforst, in der die Einrichtung älter zu sein schien als der schon längst pensionsberechtigte Inhaber, Paanen Hanni. Das Tanzlokal war mit viel Pappmaschee und funseligem Licht zu einer Grotte umfunktioniert worden, in der nun wackelnde Gartenzwergfiguren Märchenszenen nachstellten sollten. Das Ganze sah eher aus wie in einer Geisterbahn wozu nicht unwesentlich auch das Personal beitrug.

10. Gespickter Rehrücken in Rotwein

Ein anderer Auftritt in Wellschbillig zeichnete sich durch fehlendes Publikum aus. Circa 5-6 Zuhörer plus die 2 von uns mitgebrachten Freunde, plus 2 Bedienungen und Wirt, stellten die gesamte Zuhörerschaft. Professionell wie wir waren zogen wir den Auftritt durch und gaben wie gewohnt alles. Summertime Blues wurde von mir mit freiem Oberkörper auf dem Leslie stehend vorgetragen während Tiri mich mit dem Verstärker durch den Saal rollte soweit das Kabel reichte.

Tiri, ein guter Freund der Band war gelernter Metzger und der im elterlichen Betrieb vorhandene Lieferwagen wurde immer dann, wenn Bernis VW Bus nicht zur Verfügung stand als Bandtransporter genutzt.

Auf dem Heimweg von diesem geschichtsträchtigen Ereignis, fuhren wir wie üblich durch den Eurenerweg, einen Wirtschfatsweg zwischen Zewen und Euren, der nicht nur die kürzeste Lösung darstellte sondern auch als Promillenweg bekannt war. Ein Reh mit Kitz kreuzte unseren Weg, Tiri bremste scharf, machte das Licht des Wagens aus und die beiden verschwanden aus unserem Blickfeld. Just in dem Moment als er den Wagen wieder in Bewegung setzte sprang das Kitz zurück auf den Weg. Ein Bremsen war nicht mehr möglich, es knallte und das arme Tier lag zuckend vor uns auf der Straße. Mit einem geschulten Handgriff, der von einem hässlichen Knacken begleitet wurde beendete der gelernte Metzger das Leiden des jungen Rehs. Was sollten wir nun tun? Die Benachrichtigung des Försters war nicht möglich, da der Alkoholspiegel des Fahrers die damals noch geltende 0,8 Promilleregelung um einiges überschritten hätte außerdem waren Handys noch nicht erfunden. Am Auto war nur ein Bagatellschaden entstanden, ein Blinkerglas war gerissen, deshalb musste auch nichts der Versicherung gemeldet werden. Also entschieden wir uns dafür das arme Tier in den Laderaum zu packen und seiner Bestimmung zuzuführen. Wir fuhren in das elterliche Schlachthaus, Möpp, Tiri und ich zogen sich Metzgerschürzen an und das gewilderte Tier wurde von fachmännischer Hand abgezogen und in seine Einzelteile zerlegt. Ein Szenario, dass für jeden Thriller getaugt hätte, drei gummibeschürzte junge Männer mit blutigen Stiefeln in einem spärlich beleuchteten Schlachthaus nachts um 2:00 Uhr. Gruselig! So gruselig, dass der eher zartbesaitete Berni es vorgezogen hatte in der Küche zu warten bis wir unsere grausige Tat beendet und sämtliche Spuren beseitigt hatten. Anschließend gab es noch für jeden aus gegebenem Anlass eine leckere Blutwurst mit auf den Heimweg, auch auf die hat Berni dankend verzichtet.

Den Rehrücken gab es gespickt und in Rotwein eingelegt, mit feierlicher Musik und in festliche Robe gewandet, an einem sturmfreien Wochenende in dem Wohnzimmer das schon die Anfänge meiner musikalischen Karriere erleben durfte.

Die Aera Foursound war nicht von langer Dauer. Helmut der Schlagzeuger verließ berufsbedingt die Band und ich bekam ein anderes Angebot.

 

11. MMMT

Sporadisch formierten Manni, Möpp und ich uns noch zu dem Trio MMMT, was soviel hieß wie Manni Mergeners Mammut Trio, brachte doch jeder von uns mindestens 100 Kilo auf die Waage. Die Wildecker Herzbuben vermarkteten diese Idee Jahre später und verdienten sich damit eine goldene Nase.

Einige Hochzeiten und kleinere Veranstaltungen spielten wir in dieser Besetzung.

So z. Bsp. Eine Hochzeit im benachbarten Ausland in Wallendorf Pont. Wir fuhren mit drei Autos, da wir die komplette Anlage transportieren mussten. Dort angekommen bauten wir auf und als wir einen kleinen Soundcheck machen wollten, vermisste Möpp seinen Bass:

„Jupp hast Du meinen Bass noch im Auto?“

„Nee!“

„Manni, du?“

„Nee!“

„Scheiße, dann steht der noch zu hause unter der Treppe!“

Möpp hatte damals die Angewohnheit seine Bassaiten alle paar Monate auszukochen, damit sie wieder besser klingen sollten und bei einer dieser Aktionen hat er das gute Teil wohl zu Hause vergessen.

Ein Weg geschätzte 50km über Landstrasse. Hin und zurück gute zwei Stunden. Und das um 19:30 Uhr. Gut es war nicht weiter schlimm, der Luxemburger ansich ist ja für seine kulinarischen Ausschweifungen bekannt und so gab es auch auf dieser Hochzeit ein mehrgängiges Menü, von dem Möpp dann noch den Kaffe mitbekam bevor wir mit der Musik beginnen durften.

Eine andere Hochzeit spielten ich nur mit Möpp im „Filscher Häuschen“: Bass, E-Piano und zweistimmiger Gesang! Ich lieh mir bei Lasko noch ein Rhythmusgerät um dem Ganzen ein wenig mehr Pep zu verleihen, hatte aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wir begannen zu spielen und es war eine Katastrophe. Nichts passte, bis Möpp sagte: „Mach das Ding aus, das wird ja immer schneller“ Also bestritten wir den restlichen Abend ohne die Maschine, was ehrlich gesagt ziemlich bescheiden klang. Die Ehe hielt auch nicht besonders lange, was hoffentlich nicht auf die Musik zurückzuführen war.

Wir spielen Walzer und Discosalat

Denn mein Freund Herbert hat alles parat

 

12. Spotlight

Nach Abschluss des 10. Schuljahrs begab ich mich wieder aufs Gymnasium wo ich Dieter Petermann kennenlernte, der zwar kein Musiker war aber eine Band kannte die einen Keyboarder suchte. Eine Band die Festgeschäfte in Tanzlokalen und Discos spielte. Der Termin für ein erstes Kennenlernen wurde abgemacht und ich fuhr mit Dieter, da ich noch keinen Führerschein hatte, nach Weiten um mir das Ganze mal anzuschauen und auch anzuhören.

Ich staunte nicht schlecht, als ich hörte was diese Jungs so zu bieten hatten. Einen mehrstimmigen, super gesetzten Gesang, jeder in der Band konnte singen, der Bassist spielte noch Saxophon während der Leadgitarrist den Bass übernahm und ein tolles, modernes Repertoire. Außerdem sollte in einigen Wochen der erste Gig beim Otto in Irsch anlaufen. Ein Festgeschäft über mindestens 3 Monate. Die Gage war zwar nicht ganz so hoch wie bei Einzelgeschäften, dafür hatte man aber ein geregeltes Einkommen und vor allen Dingen konnte man die Instrumente nach dem Auftritt stehenlassen, was eine erhebliche Erleichterung war. Die Leute waren mir von Anfang an sympathisch und beherrschten ihre Instrumente wirklich gut. Also stieg ich ein. Wolfgang (Männi) Karges Rhythmusgitarre, Bernd (Ober) Oberbillig Leadgitarre, Bass und Keyboard, Karl (Kalle) Hemgesberg Bass und Saxophon, Thomas (Tommy) Zehren Schlagzeug und ich Keyboard waren fortan die Spotlight Dance & Showband.

Orgeln waren out, E-Pianos waren angesagt. Also musste ich wieder tief in die Tasche greifen und mir ein Fender Rhodes plus Verstärker in Form eines Fender Twin Reverbs und einem Chorusgerät zulegen. Der Klang war super und das Gewicht der Instrumente enorm. Wirklich verdient habe ich in all den Jahren in denen ich Musik mache nie etwas, Das meiste floss immer wieder in neue Keyboards oder in die Erweiterung der PA Anlage.

 

 

 

 

Otto war ein meist freundlicher Wirt, der jeden Abend pünktlich um 20:00 Uhr, egal ob Publikum im Saal war oder nicht, mit stolzgeschwellter Brust die Tanzwachsdose über der Tanzfläche ausleerte. Sein Standardspruch, wenn sich noch niemand im Saal befand war: „Fangt schon mal an zu spielen, die Leute sitzen draußen in den Autos und warten schon.“

Das nächste Engagement führte uns in die Eifel nach Beilingen ins Costa Marbella. Eine komplett neu eingerichtete Discothek mit beleuchteter Tanzfläche, in der sich viele Amerikaner von der benachbarten Base aufhielten.

Unser eigentliches Ziel war jedoch die Kajüte in Binsfeld. Die Diskothek in der Gegend, mit einem Einzugsgebiet von über 100 km, bei der die bekanntesten und besten Tanzbands der Region schlangestanden. Wir hatten das Glück, dass bei „Les Copains“ die Stammband der Kajüte, Eugen Karges, der Bruder von Männi, Keyboard spielte. So durften wir an einem Samstag über deren Anlage 30 Minuten vorspielen, was die Inhaberin Lotte überzeugte und sie uns anschließend für ein mehrmonatiges Engagement anheuerte. Wieder war eine weitere Stufe der Erfolgsleiter erklommen.

Hier gesellte sich dann auch der lokal ziemlich bekannte, dunkelhäutige Sänger Fred Coulanges zu uns, der vorher bei der Gruppe Les Copains Stammsänger war. Freddy war ein echter Gewinn für die Band. Wir spielten Titel von denen wir vorher nicht zu träumen gewagt hätten, weil keiner von uns in der Lage gewesen wäre, sie angemessen zu intonieren.

Freddy war ein super Sänger, der auch nur bei Bedarf auf der Bühne stand und sich sonst dank seiner charismatischen Ausstrahlung um den weiblichen Publikumsteil kümmerte.

An einer Veranstaltung erschien Freddy dann auch zu spät, was Tommy, der damals für die Ansagen zuständig war zu der Aussage veranlasste, er sei wohl zu Hause auf der Sonnenbank eingeschlafen.

Jahre später traf ich Freddy in Trier in einem Musikgeschäft und er erzählte mir dass er schon längere Zeit in Rente sei und auf meine Frage was er denn nun den ganzen Tag so mache antwortete er: „Schwarzarbeit!“

Das Tropical in Konz war ein Tanzlokal der besonderen Art. Es war ein ehemaliges Kino, dem mit viel Pappmasche, Gips und bunten Wandmalereien ein tropisches Flair eingehaucht wurde. Hier spielten normalerweise Profibands aus dem Osten und das an fünf Tagen in der Woche. Wir hatten das Glück immer im Sommer hier spielen zu dürfen, allerdings nur freitags und samstags.

In diesem Etablissement trafen sich eher ältere, tanzbegeisterte Menschen zum Ball der einsamen Herzen.

Die Wirtin Helga, eine auch schon etwas in die Jahre gekommene aufgedonnerte Diva, war bekannt, dafür, dass sie sich das Mikrofon der hauseigenen Discoanlage schnappte um anzügliche Kommentare loszuwerden, so stellte sie uns auch immer als ledige junge Männer vor, die alle noch zu haben seien, was so manchen begehrlichen Blick der auf der Tanzfläche befindlichen Tänzerinnen nach sich zog.

An einem heißen Sommerabend hat uns wohl der Teufel geritten und wir beschlossen in Boxershorts aufzutreten. Das Interesse der Damen war groß und wir konnten uns nur mit Mühe Helgas Einladung zum Nacktbaden im hauseigenen Pool erwehren.

Helga hat damals schon die Zeichen der Zeit erkannt und ein professionelles Castingteam engagiert das in mehreren Vorentscheidungen die Teilnehmer eines großen Finales aussuchte. Lustige Figuren traten hier auf, ganz so wie man es heute aus den Vorentscheidungen zu DSDS kennt.

Hier durfte ich natürlich auch nicht fehlen. Mein Versuch als Howard Carpendale für Arme, im Anzug und mit dem Titel „Samstag Nacht“ scheiterte kläglich. Ich wurde zweitletzter. Doch so schnell gab ich mich nicht geschlagen, bei einer der nächsten Veranstaltungen trat ich mit meinem Freund Werner Müller als Duo und dem Titel The Boxer von Simon and Garfunkel an und siehe da, es hatte geklappte wir gewannen und qualifizierten uns für die Teilnahme an der großen Endausscheidung, bei der wir dann den zweiten Platz belegten. Ein Medallie und ein Fresskorb waren unser ganzer Gewinn. Für den ersten Platz, den Werner allein mit einem selbstgeschriebenen Titel belegte, gab es eine Studioaufnahme mit anschließender Singleproduktion, die aber nie stattfand, da es sich bei dem Veranstalter der Castingshow, wie sich später herausstellte, um fahrendes Volk handelte, ähnlich dem, dass man auf Jahrmärkten antrifft, also keine seriöse Verlegerfirma. Spass gemacht hat es trotzdem auch wenn wir später feststellten, dass die ganze Sache abgesprochen und die Abstimmung manipuliert war.

Der Ehemann einer Arbeitskollegin war Profigitarrist bei Alb Hardy, der von Edgar Bösen geleiteten Band, die es schon mehrfach bis ins deutsche Fernsehen geschafft hatte. Er hatte das Angebot über Silvester in Tunesien im Club Aldiana zu spielen und suchte noch händeringend nach einem Keyboarder. Ich sagte sofort zu. So kam es dass ich mit 3 Profimusikern zwei Wochen in Afrika verbringen durfte.

Gage gab es eigentlich keine, der Lohn war: Vollpension mit Hin- und Rückflug für Vier Musiker plus jeweils eine Begleitperson und die Getränke in der Bar gab es zum halben Preis. Eigentlich eine runde Sache. Jetzt ergab sich aber vorher, dass Werner und seine Frau sich trennten und ich auch niemanden mitnehmen wollte. So konnten wir ein Doppelzimmer zusammen belegen und den Platz in dem freigewordenen Zimmer an ein uns bekanntes Ehepaar verkaufen, was uns einen guten Verdienst einbrachte.

Die Tatsache, dass Werner nun Single war führte dazu, dass ich die meiste Zeit nachts sogar ein Einzelzimmer genießen durfte.

Musikalisch waren wir nicht gerade überfordert. Wir spielten jeden zweiten Abend zwei Stündchen in der Bar und Sivester einen Ball, der allerdings erst nach dem Abendessen um 22:00 Uhr begann und gegen 01:00 Uhr zu Ende war.

Den Rest der Zeit ließen wir uns die Annehmlichkeiten eines Cluburlaubes gefallen. Cocktail am Swimmingpool, Segelturns mit dem Segellehrer, Bogenschießen, Tennisspielen und Ausflüge in die benachbarten Städte.

Die Requisite des hauseigenen Theaters hatte es unserem Schlagzeuger angetan und nach einigen Longdrinks schlich er sich in die Garderobe und kam als Weihnachtsmann verkleidet zurück. Da es schon spät war und sich kaum noch Gäste in der Bar befanden um ihn zu bewundern, sahen wir uns genötigt eine Runde durchs Hotel zu drehen und an die Türen der sich schon zu Ruhe gelegten Gäste zu klopfen, die aber meistens, nachdem die Frage wer denn dort sei mit: „Der Weihnachtsmann mit Gefolge!“ beantwortet wurde, die Tür gar nicht erst aufmachten, was mit Sicherheit unser Glück war, da wir sonst wahrscheinlich eine verfrühte Heimreise angetreten hätten.

Während unseres Aufenthaltes in Tunesien wurden dort die Brotpreise verdoppelt, woraus eine Revolte resultierte. Im Nachbardorf wurde ein ganzer Zug umgeworfen und wir erhielten ab 20:00 Uhr Ausgangssperre was uns aber nicht sehr viel ausmachte, da wir in unserem Hotel auf nichts verzichten mussten.

Aus allen umliegenden Hotels brachen allerdings nun die meisten Reisenden ihren Urlaub vorzeitig ab und da wir als Personal nur Standbyflüge hatten, war bis eine Stunde vor Abflug noch nicht klar ob wir auch tatsächlich noch Platz in unserem Flugzeug bekommen sollten.

Eigentlich hätte es für uns kein Problem dargestellt noch eine Woche länger den Luxus unserer Ferienanlage zu geniessen, diese hatte jedoch gleichzeitig mit unserem Abreisen die Winterpause begonnen und so liefen wir Gefahr mitsamt unseren Instrumenten buchstäblich auf der Strasse zu sitzen. Glücklicherweise sind wir dann doch noch in dem Flugzeug untergekommen und konnten die Heimreise vom Sommer in den Winter antreten.

Fast zehn Jahre spielten wir so immer im Wechsel zwischen Brunnenhof in Irsch, „Beim Theis“ in Tawern, Tropical in Konz und Kajüte in Binsfeld.

Zwischenzeitlich wechselte ich mein Equipment, das Piano und der Korg wurden durch einen Ensoniq Mirage Sampler und einen Esq1 ersetzt. Das war nicht nur klanglich ein Quantensprung, auch der Rücken wurde beim Transport der Anlage erheblich geschont. Zum Wechseln des Sounds mussten damals im Mirage noch die Disketten gewechselt werden. Die Ladezeit von 8 Sekunden war allerdings nicht das Problem sondern das Finden der richtigen Disk. Es war ein 8 Bit Sampler, bei dem Orginalklänge von Instrumenten aufgenommen und digitalisiert wurden. Erste Versuche mit dem Sequenzer des ESQ1 wurden durchgeführt ergänzt durch ein Rhythmusgerät, dass allerdings jetzt Drumcomputer hieß, wesentlich besser klang als seine Vorgänger und frei programmierbar war.

 

 

 



 

13. Sundown

Während dieser Zeit spielte ich praktisch in zwei Bands. Meine Stammband war Spotlight, mit der ich samstags in Irsch im Brunnenhof spielte; ab sonntags und die ganze Woche spielte ich mit Möpp und Manni im Bachuskeller in Bernkastel, da ihr Keyboarder Werner Gobelius, kurz Gobbi, seinen Wehrdienst ableistete, der damals noch 15 Monate dauerte und er von Sonntagabend bis zum nächsten Freitag somit nicht zur Verfügung stand.

Im Bachuskeller war eigentlich an normalen Werktagen nicht viel los, es sei denn eine Busgesellschaft, ein Kegelklub oder eine andere lustige Gesellschaft fiel ein. Dann lag eine alkoholgeschwängerte Stimmung im Saal, frei nach dem Motto: „Wehe wenn sie losgelassen!“ Vollkommen enthemmt wurde mitgesungen, geschunkelt und getanzt, was einmal sogar dazu führte, dass ein ca. 1,50m großer Derwisch mit einem ebensolchen Umfang sich mit erhobenen Beinen und entblößtem Schlüpfer auf dem Rücken liegend auf der Bühne vor Möpps Mirofonständer wiederfand. Diese Aktion hatte unseren Bassisten fast einen Zahn gekostet, da das Mikrofon nach hinten schlug und ihm eine blutige Oberlippe verpasste. Der Ständer hatte seitdem eine gewisse Schräglage, die immer an den Zwischenfall erinnerte.

Gobbi der eigentliche Keyboarder von Möpp spielte ein Dr. Böhm Orgel, die er selbst zusammen gebaut hatte. Diese Orgel hatte einen Transposeschalter, der es ihm ermöglichte letztendlich alle Stücke in C-Dur zu spielen, was mir bis heute noch nicht gelungen ist, da mein Gehör da nicht mitmacht. Wenn ich einen C-Dur Akkord greife und es erklingt ein G-Dur, kann ich nicht spielen, da ich im Unterbewusstsein immer denke ich würde die falschen Tasten drücken.

An einem Sonntag an dem Gobbi anwesend war, da er von der Bundeswehr frei hatte, fuhren wir mit ein paar Kumpels in den Bachuskeller. Wenn man schon selbst nicht spielte musste man trotzdem in ein Tanzlokal fahren um zu sehen was denn da so abging.

Als Werner mich erblickte hieß es natürlich sofort: „Jupp, komm spiel ein paar Stücke mit!“ damit er sich seinem außerehelichen Verhältnis mit der Bedienung widmen konnte. Einem Musiker juckt es immer in den Fingern und so ließ ich mich nicht zweimal bitten, setze mich hinter die liebevoll „Onkel Böhm“ genannte Orgel und Manni zählte an zu Moviestar. Alles kein Problem, alles 1000mal gespielt, zweite Stimme im Kopf, Tonart klar. Doch nichts war klar, es klang fürchterlich. Irgendjemand spielte hier vollkommen daneben. Möpp zuckte mit den Schultern, der Gitarrist schüttelte den Kopf, ich schaute auf die Noten und auf meine Finger, alles ok. Dann sah ich Gobbi wie er sich vor Lachen den Bauch hielt, Tränen liefen ihm die Wangen herunter. Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. Bevor er die Bühne verlassen hatte, hat er noch schnell den Transposeschalter seiner Orgel verstellt und nun freute er sich diebisch über den Streich den er mir gespielt hatte um miterleben zu dürfen wie ich mich blamiere. Ich habe natürlich sofort aufgehört und mit hochrotem Kopf die Bühne verlassen. Gobbi konnte froh sein, dass ich an diesem Abend nicht handgreiflich wurde. Seit dem habe ich allerdings ein gespaltenes Verhältnis zu ihm.

Eine ganze Zeit spielten wir so in verschiedenen Besetzungen in Bernkastel. Einen Abend bestritt ich dort mit Kalle, dem Bassisten von Spotlight und da kein anderer Schlagzeuger zur Verfügung stand durfte sein kleiner Bruder Ralph, der damals höchsten 15 Lenze zählte mitfahren. Es war sein erster Auftritt und von der Gage kaufte er sich einen Schlagzeughocker, damit er nicht immer Mutters Küchenstuhl ausleihen musste.

Die Fahrt dorthin stellte uns allerdings schon vor das erste Problem. Ich fuhr damals einen 850er Mini, nicht gerade ein Auto für einen Keyboarder, aber ich hatte es günstig bekommen, es hatte Tüv, lief und die Stereoanlage hatte doppelt soviel gekostet wie das Auto. Man muß halt Prioritäten setzen. Kalles Bass wollte aber partout nicht in das Auto passen also blieb uns nichts anderes übrig, als den Beifahrersitz auszubauen und die beiden samt Bass auf die Rücksitze zu verbannen. Not macht erfinderisch.

Der Mercedes (200D/8) von Manni war da schon ein anderes Kaliber. Ein hochherrschaftliches Fahrzeug das von ihm liebevoll gepflegt wurde. So wurde dem Gefährt auch ein regelmäßiger Ölwechsel zugute kommen gelassen, der meistens samstags in Eigenarbeit geleistet wurde. Ein befreundeter Trompeter, der von allen nur Krummfinger genannt wurde, betrieb einen schwunghaften Handel mit gebrauchten Karossen, die man dann von ihm reparieren lassen konnte oder einige leichtere Tätigkeiten auch selbst bei ihm auf der Grube durchführen durfte, was Manni für seinen Ölwechsel gerne in Anspruch nahm.

Als er mich an einem Samstagabend abholte um nach Bernkastel zu fahren, teilte er mir stolz mit, dass er eben noch einen Ölwechsel gemacht habe und sein alter Diesel wieder schnurre wie ein Kätzchen, was ich nur bestätigen konnte. Auf der Rückfahrt kamen wir genau bis zu dem Autobahnschild „Trier-Verteilerkreis 3km“, dann ging nichts mehr. Möpp der hinter uns fuhr überholte uns und als er mitbekam das der Daimler nicht mehr wollte, setzte er kurzerhand auf der Autobahn zurück und schleppte uns ab. Am nächsten Tag stellte Krummfinger fest, dass der gute Manni die Dichtung der Ölablassschraube vergessen hatte und sich im ganzen Motor kein einziger Tropfen Öl mehr befand. Soviel zum Thema: „ Jetzt helfe ich mir selbst und spare jede menge Kohle!“

In Binsfeld entschied sich damals Bernd Spotlight zu verlassen. Ein Musikerwechsel in einer eingespielten Band war immer eine mittlere Katastrophe. Es galt einen Gitarristen zu finden, der nicht nur Bass und Keyboard spielen, sondern auch noch singen konnte. Thomas Schneider nannte sich die eierlegende Wollmilchsau nach der wir suchten und nach einigem hin und her und viel Proberei ersetzte er schließlich Bernd und die Show konnte weiter gehen.

Wir spielten zu allen möglichen Jahreszeiten und Veranstaltung in der Kajüte.

An einem Samstag wollten wir uns zum Proben vor dem abendlichen Gig in Binsfeld treffen. Mit dem Fahren wechselten wir uns ab, fuhren aber meistens mit mindestens 3 Autos, da wir aus verschiedenen Richtungen anreisten. Es schneite. Thomas und ich waren noch bevor das Chaos perfekt wurde in der Kajüte angekommen. Kurz vor Beginn der Veranstaltung, nach über vier Stunden trafen die anderen Jungs endlich ein. Zwei Unfälle, einer davon mit Fahrerflucht und anschließender Verfolgungsjagd waren für die Verspätung verantwortlich.

Vor allem an Fastnacht oder Silvester stellte sich das auf der Bühne befindliche Haustelefon als Bedrohung heraus. Hier rief immer die Wirtin Lotte an um Musikwünsche zu äußern, was sich an besagten Tagen auf: „Spielt moal Foasenichtsmusik“ beschränkte. Für uns als ernsthafte Musiker das Schlimmste was man uns zumuten konnte. Doch wehren konnten wir uns nicht. Chef ist Chef. Also bissen wir in den sauren Apfel und spielten deutsche Schlager und Stimmungsmusik.

Fastnacht ansich war für uns immer die Hölle. Fünf Tage Stimmungsmusik nonstop, möglichst auch noch kostümiert. Spätestens am dritten Tag war keiner mehr in der Lage höher als bis zum C zu singen, da half auch kein Salbeitee oder Lutschbonbons aus der Apotheke.

An einem Weiberdonnerstag hatte wir die Idee uns alle als Frauen zu verkleiden, was zu großem Gelächter führte. Während ich ein altes Sonntagskleid meiner Oma trug, da es das einzige war in das ich reinpasste, hatte Kalle sich in ein Glitzerkleid mit Federboa, seiner Schwester gezwängt. Der (Gott sei Dank) auf dem Rücken befindlichen Reißverschluss gab allerdings schon nach dem ersten Bücken den Geist auf und es wurde ersichtlich, das Kalle keinen BH trug.
 

14. Double Dick

 

Der Trend ging zur Drittband.

Als ich mit der Tanzmusik begann sagte ich immer: „Ich spiele solange Tanzmusik, bis ich das komplette Equipment zusammen habe um Rockmusik zu machen!“

Die Anlage war da, die Rockband wurde gegründet aber Tanzmusik machte ich trotzdem weiter.

Die Formation nannte sich Double Dick. Die Zweideutigkeit dieses Namens war uns damals nicht bewusst, sollte die eigentliche Band doch „Big Bakers Double Dick Groovie Group“ heißen. Entstanden aus der Tatsache, dass Andreas Becker, Dick genannte wurde und ich schon immer etwas dicker war, einigten wir uns auf die Kurzform Double Dick und nannten die Musikrichtung „Breitrock“.

Die Musiker waren

Andreas (Dick) Becker Gesang

Jörg (Jupp) Bösen Gesang

Chrisi Stein Bass

Andreas (Krempel) Krempchen Gitarre

Dieter (Crazy Diet) Geisbüsch Gitarre

Peter May Keyboard Chorrgesang

Thomas (ZZThomas) Zehren Schlagzeug

Thomas (Tom) Stein Technik

Gespielt wurden Titel von den Rodgau Monotones, ZZTop, Eric Clapton, Climax Blues Band und vieles mehr. Alles was abging und Spaß machte.

Der erste Auftritt wurde bei einem Rockfestival am Mattheiserweiher zelebriert, sonntags nachmittags. Geschätzte zwanzig Gäste lauschten den lieblichen Klängen von Double Dick, die von ZZThomas’s Moderation umrahmt wurden: „Was hier passiert, meine Damen und Herren, ist unvorstellbar, Jupp zieht den Jacken aus…“ „…das war kein Fehler, das war chromatisch…“ Als Gage gab es eine Kiste Löwenbräu für acht Jungs, die zweite Kiste kostete mich viel Überredungskraft, wurde mir widerwillig ausgehändigt, schmeckte aber trotzdem.

Eines der nächsten Konzerte wurde in Eigenregie an der Riveristalsperre durchgeführt. Tom hatte Dicks und mein Konterfei mittels eines an die Wand geworfenen Dias auf Papier gebracht und irgendwie mehrere 100 Plakate drucken lassen. Wir waren tierisch stolz! In allen Kneipen wurde plakatiert. Jetzt mussten wir nur noch eine Lösung finden die Plakate auch der breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen. Eine gerade zuendegegangene Landtagswahl kam uns hier zu gute. Wir sammelten die übriggebliebene Wahlpropaganda samt den dafür vorgesehenen Tafeln ein, beklebten sie und stellten sie an anderen Stellen wieder auf. Ich glaube Pit hat heute noch welche davon im Keller stehen. Egal wo du hinkamst, überall hingen Plakate von unserem bevorstehenden Konzert. Außerdem wurde in dem damals frischgebackenen regionalen Radiosender RPR, ordentlich die Werbetrommel gerührt.

Solch eine Großveranstaltung will natürlich gut geplant sein. Das heißt nicht nur die Musik muss stimmen, sondern auch das Umfeld, sprich sanitäre Anlagen, Parkplätze, Verpflegung.

Ausgehend von meinem Durst setzte ich mich durch und wir bestellten unter anderem 100 (in Worten: hundert) Kisten Bier. Ein riesengroßer Lastwagen lieferte nachmittags die Getränke. Der Bierkutscher macht keinen besonders fröhlichen Eindruck als er die gesamte Fuhre seines LKWs abladen musste.

Der Abend wurde ein voller Erfolg. Wir hatten sogar eine Vorgruppe engagiert und als wir unseren Auftritt hatten war der Platz vor der Bühne schon reichlich mit gut gelaunten Rockfreunden gefüllt. Es waren bestimmt 150-200 Zuschauer da. Dem aufmerksamen Leser dämmert nun so langsam worauf diese Geschichte hinausläuft. Richtig! Jeder Besucher hätte mindestens 10 Flaschen Bier trinken müssen, damit die Vorräte vollständig aufgebraucht worden wären. Es waren wohl einige Leute da, die diese Schlagzahl um einiges übertrafen, das gros jedoch lag weit unter dem Durchschnitt. Die Folge war ein noch übelgelaunterer Bierfahrer, der am nächsten Tag 75 noch gefüllte Kisten wieder aufladen durfte, da wir ja glücklicherweise die Getränke auf Kommission bestellt hatten.

Wir wollten keine „normale“ Rockband sein, sondern verstanden uns mehr als Spasskombo, die gute Rockmusik abliefert. Dieter spielte z. Bsp. ein legendäres Stubbiflaschensolo, in dem er ein Stubbi, in Ermangelung eines extra dafür vorgesehenen Bottelnecks, zum Slidegitarrenspielen missbrauchte. Das Ergebnis klang, um mit ZZThomas Worten zu sprechen, eher chromatisch, war aber ein guter Showeffekt.

Stürmisch bejubelt wurde auch immer unser Striptease vor dem Lied: San Tropez am Baggersee. Dick und ich zogen uns bis auf die Badehosen aus, legten uns Schwimmärmchen, -ringe und Taucherbrille mit Schnorchel an um den Hit der Rodgau Monotones zu intonieren.

ZZThomas wurden die zwei Bands Spotlight und Double Dick zu viel, so dass er darum bat die Band verlassen zu dürfen. Wir suchten und fanden. Wolli Nyenhuis wurde der neue Schlagzeuger bei Double Dick.

Peter May, der Keyboarder hatte eigentlich die meisten Auftritte abgemacht. So spielten wir auch an einem Wochenende im Oktober 1988 in Ohrenhofen mit der bekannten regionalen Band Reminders zusammen.

Als wir dort ankamen mussten wir zu unserem Entsetzen feststellen, dass es sich um eine Veranstaltung der Jungen Union handelte auf der wir, wenn wir es gewusst hätten, niemals gespielt hätten. Vorwürfe an Pit, der uns absichtlich nicht informiert hatte waren überflüssig, wir mussten da jetzt durch.

Ich ließ es mir aber nicht nehmen die Gäste der vollbesetzten Turnhalle mit den Worten: „Herzlich willkommen zum Franz-Josef Strauß Gedächtnistrinken!“ zu begrüßen. Dieser hatte nämlich einige Tage zuvor das Zeitliche gesegnet.

15. MKB

Die Michael Kiessling Band war in den 80er Jahren die angesagteste Band in Trier. Der Namensgeber und Sänger arbeitete in meiner Stammkneipe und zapfte dort Bier. So kam es unausweichlich dazu, dass wir uns anfreundeten und unser Hauptthema natürlich die Musik war. Mimmi, wie er von engsten Freunden genannt werden durfte, besorgte mir eine erste Demokassette der Band und ich war begeistert. Eigene deutsche Texte gepaart mit bombastischer Rockmusik gipfelten in Kiesslings Reibeisenstimme, die entfernt an Grönemeyer oder Hans Harz erinnern ließ. Die Besetzung hatte es in sich.

Michael Kießling Gesang

Thomas Neuroth Keyboards

Markus Salzmann Gitarre

Peter Hahn Bass

Rainer Kind Schlagzeug

In einer alkoholgeschwängerten Nacht gründeten Mimi, Dick und ich den Gesangverein Eiserne Lunge Trier, was eigentlich besagen sollte, dass wir beide (Dick und ich) den Backgroundchor der MKB bildeten.

Wir hatten es geschafft und so wie ich glaubte waren wir auf dem Olymp der Trierer Rockszene angelangt. Die Konzerte waren in der Regel ausverkauft und die Band kam super an. Die Kritiken in der Presse waren überschwänglich, die Auftragslage gut und überregional. Unser erstes Konzert in der Tufa bestritten Dick und ich in weißen Hosen und Hawai Hemd. Dieses Outfit wich nachher einem schwarzen Anzug mit schwarzer Sonnenbrille ala Bluesbrothers. Double Dick durfte immer dann, wenn eine Vorgruppe gefragt war, diesen Part, natürlich unentgeltlich, übernehmen.

 

Das 6. St Wendeler Open Air 1988 war der Knaller. Hier spielten u.a. Marius Müller Westernhagen, die Rainbirds, Herbert Grönemeyer, Wolf Maahn, die Rodgau Monotones und die Michael Kiessling Band. Wir zusammen mit den Größen der Nation. Im Backstagebereich war eine Wagenburg aufgebaut, in der jeder Band ihr eigener Wohnwagen zugeteilt wurde und man bewegte sich wie selbstverständlich zwischen den Stars der deutschsprachigen Rockszene. Die Bühne war größer als mancher Saal in dem wir bisher gespielt hatten und im Stadion befanden sich ca. 20000 Zuschauer. Ein erhebendes Gefühl. Wir wurden frenetisch gefeiert. Transparente mit dem Namen der Band oder Köln grüßt Kießling wurden hochgehalten, obwohl ich mir im Nachhinein nicht mehr sicher bin ob hier nicht ein Bandmitglied seine Finger im Spiel hatte.

Da wir bereits als zweite Gruppe unseren Auftritt hatten, war natürlich genügend Zeit sich hinter der Bühne umzusehen. Besondere Anziehungskraft verübte, wie sollte es andres sein, das Cateringzelt auf uns. Hier gab es, Herz was begehrst Du, Dosenbier und warmes Essen. Die nach uns spielenden Rodgaus trafen hier auch bald ein und wir saßen mit unseren Vorbildern an einem Tisch und fachsimpelten: „Wer geht denn jetzt das nächste Bier holen?“, „Is noch was von dem Schaschlik da?“, „Hamn die auch Schnaps hier?“. Eine illustre Runde, die sich gesucht und gefunden hatte. Die Auftritte der anderen Gruppen waren zur Nebensache avanciert.

Wie es bei erhöhtem Biergenuss üblich ist, steigerte sich damit auch der Frequenz der Toilettengänge und bei eben einem dieser Ausflüge stellte sich Wolf Maahn neben mich um mit mir gemeinsam seine Blase zu entleeren. Der Guru der deutschen Szene, mit mir gemeinsam auf dem Klo. Wahnsinn! Das musste ich sofort den Anderen erzählen, was zu kollektivem Schulterklopfen führte. „Mein Lieber Mann, hast ihm aber hoffentlich nicht an Bein gepinkelt!“. Dieses Ereignis sollte sich bis heute als „Geflügeltes Wort“ bei uns halten: „Weißt Du überhaupt mit wem Du sprichst? Ich habe schon mit Wolf Maahn gepinkelt!“ Bisher hatte ich leider noch keine Gelegenheit Hr. Maahn zu fragen ob er sich auch noch an dieses geschichtsträchtige Ereignis erinnern kann.

Die Backstageparty forderte ihren Tribut, Peter „Osti“ Osterwald verließ von Henny Nachstheim gestützt das Zelt. Auch ich musste das Open Air früher verlassen, da ich noch einen Tanzmuckeauftritt mit Anzug und Schlips, von 20:00 bis 2:00 Uhr im Tropical in Konz zu absolvieren hatte. Kontrastprogramm wie es schlimmer nicht hätte sein können. Dementsprechend war auch meine Laune. Ich glaube das war die Veranstaltung bei der wir Movie Star spielten, was vollkommen daneben war und ich alle anderen anmaulte, sie sollen gefälligst richtig spielen, bis ich merkte, dass ich in der komplett falschen Tonart gelandet war.

Da Mimi selten ein Auto besaß und wenn er eins hatte, die Fahrerlaubnis für einige Monate bei der Polizei zur Aufbewahrung lag, war ich meistens der Chauffeur. Die Proben fanden in einem Keller unter einer Kirche in Völklingen statt, ca. 1 Stunde Fahrt pro Weg, was natürlich durstig machte. Eine Autobahntankstelle war deshalb immer wieder Anlaufstelle und der Kassierer fragte so manches Mal in breitem Saarländisch nach Kleingeld: „Hannara noch zwanzisch Penning?“ bevor er uns die wohlverdienten Dosen gab auf die damals Gott sei Dank noch kein Pfand erhoben wurde. Paradiesische Verhältnisse. Dementsprechend sah aber auch immer der Fußraum meines Autos aus.

Bei einem Auftritt in Köln, in der Marotte fungierte ich auch wieder als Fahrer, als Hr. Kiessling bereits nach 15 Minuten dem Druck seiner Blase nachgeben musste und ich den nächsten Parkplatz zwecks Pinkelpause ansteuerte.

Kurz hinter Bitburg, ca. 20 Minuten später, war es schon wieder so weit. Eigentlich wollte ich mich weigern aber die anderen Mitfahrer überredeten mich dann doch zu stoppen. „ Jupp halt an, der macht dir sonst ins Auto!“ Diesem Argument war nichts mehr entgegenzusetzen. Also Blinker raus und auf den nächste Parkplatz. Hier wartete eine Überraschung. Dicks Bruder Winni, hatte einen Tisch aufgebaut mit Sektkühler, Gläsern und einem Kuchen mit Kerzen. Die Jungs schmetterten ein „Happy Birthday“ und gratulierten mir so zum Geburtstag. Ich war ziemlich gerührt als ich die Gratulationen entgegennahm.

Der Auftritt war ein voller Erfolg. Im Publikum befand sich damals meine heutige Frau, die ich aber leider noch nicht kennen lernen durfte, außerdem Jürgen Zöller, der Schlagzeuger von BAP mit dem wir uns anschließend noch angeregt unterhielten.

Außer einer Single, deren Produktionskosten bei einem Wettbewerb gewonnen wurde, und selbstaufgenommenen Demokassetten hatte die MKB an Medien noch nichts aufzuweisen. Das sollte sich nun ändern, eine CD sollte aufgenommen werden. Wir waren die erste Band in Trier, die eine CD produzierte. Die Aufnahmen wurden in einem professionellen Studio in St. Ingbert gemacht, das ehemals Frank Farian gehört hatte, was an unzähligen Bildern von Boney M., die dort an den Wänden hingen, noch immer gut zu erkennen war.

Ein Mitarbeiter des Studios fragte am ersten Tag in die Runde: „Wer von Euch kann denn Noten lesen?“ Als erster meldete sich Peter Hahn und meinte er könne das so einigermaßen. Daraufhin bekam er zur Antwort: „Ei, dann pack mir mal die Hammond an!“ Thomas hatte sich extra für die Aufnahmen eine Orgel in Saarbrücken geliehen, die nun aus dem Transporter ins Studio getragen werden musste.

Dick und ich sangen unseren Stiefel runter, was kein Problem war, da wir den Chor schon bei etlichen Proben und Auftritten gesungen hatten, nur ein Lied war neu. „Deutschland, so kann ich dich nicht lieben.“ Ein Song der Missstände in der Republik anprangerte. Dieses „Deutschland“ sollte wie ein Fußballchor klingen. Leider war kein Fanclub aufzutreiben, der diesen Part übernehmen konnte, deshalb mussten Dick und ich herhalten und jeweils mehrere hundertmal „Deutschland“ gröhlen, was dann anschließend übereinander gemischt wurde. Es hat einige Zeit gedauert bis ich das Lied wieder hören konnte.

Das 7. St. Wendler Open Air war noch eine Steigerung gegenüber dem Sechsten. Hier spielten Julian Lennon, Fisher Z, Suzanne Vega, Joe Cocker, Bap und als Opener die Michael Kiessling Band. Der Knüller war allerdings, dass das komplette Konzert live von 3 Sat übertragen wurde. Aus diesem Grund sollte sich die MKB dann auch schon einen Tag vorher zur „Stellprobe“ auf der Bühne in St. Wendel einfinden. So standen wir dann samstags nachmittags ziemlich verloren da, die Kameras waren abgedeckt, keiner kümmerte sich auch nur im Entferntesten um uns und niemand fand sich als Ansprechpartner, sodass wir nach gefühlten zwei Stunden ziemlich frustriert wieder das Feld räumten. Es war anschließend nicht mehr herauszufinden wer sich diesen Scherz erlaubt hatte. Am nächsten Tag, wurde dann auch erst nach unserem Auftritt mit den Aufzeichnungen bzw. der Übertragung des Konzertes begonnen. Auch das war ziemlich traurig, da wir ja schon überall Werbung gemacht hatten, dass wir im Fernsehen zu sehen seien.

Hinter der Bühne war wieder die bekannte Wagenburg aufgebaut, nur Joe Cocker und Susan Vega waren in einem externen Bereich untergebracht, in den kein anderer Musiker rein durfte.

Cocker kam zwei Minuten vor seinem Auftritt mit einem Megawohnmobil bis direkt an den Bühnenaufgang gefahren, in dem er auch sofort nach seinem Auftritt wieder verschwand und scheinbar fluchtartig das Gelände verließ, nicht ohne während seinem Auftritt eine ca. 10 bis 15 minütige Pause eingelegt zu haben, weil ihn die Kameras angeblich gestört hatten. Schade eigentlich.

Peter Hahn, hatte damals seinen kleinen Sohn Julian mit dabei. Ein aufgewecktes Kerlchen, das im Backstagebereich vollkommen ungehemmt herumstromerte, war ihm doch der Respekt gegenüber „berühmten“ Musikern noch vollkommen fremd. So ging er dann auch zu Julian Lennon und sagte: „Du, ich heiße übrigens auch Julian.“, was ihm mangels deutscher Sprachkenntnisse Lennons, nur ein freundliches Lächeln einbrachte, da dieser ja Dschulien und nicht Julian heißt.

Die MKB hatte damals schon einen „Manager“: Manfred Lauer, was so manchen Musiker der Band zu dem Spruch veranlasste: „Lieber‚ ne kalte Schauer, als Manni Lauer“. Dieser Typ war einfach ein unangenehmer Mensch.

Ich hatte, wie wir das schon aus dem Vorjahr kannten, meine Freundin mit dem Backstageausweiss von Dick an der Security, die damals von den Hells Angels Saarbrücken gestellte wurde, vorbei, hinter die Bühne gelotst, als plötzlich ein völlig aufgelöster Manni Lauer vor mir stand: „ Du, Jörg, das geht aber jetzt nicht, du, das haben wir doch vorher klar besprochen. Keine Fremden hier hinter der Bühne und so. Bring deine Freundin wieder raus. Du, wenn das jeder machen würde. Wenn der Balu (damaliger Manager von Bap) das sieht, du, dann reißt der mir den Kopf ab!“

Ich war außer mir. Unzählige Fahrten zu Proben und Konzerten, jede Menge Auftritte, alles ohne jemals einen Pfennig Geld gesehen zu haben, da immer alles für Bühnenaufbau, Anlage und Licht drauf gegangen sein sollte und jetzt dieser Wichtigtuer, der mir verbieten wollte mit meiner Freundin hinter die Bühne zu gehen: „ Pass mal auf du kleiner Wicht (wahrscheinlich habe ich ein ganz anderes Wort gebraucht, das aber aus Gründen des Jugendschutzes hier nicht angeführt werden darf) der Balu weiß nicht mal wer Du bist und wenn ich jetzt hier raus gehe dann ist das für mich auch das Ende bei MKB.“ Mimi wollte noch beschwichtigend eingreifen, Hr. Lauer ließ sich aber nicht überzeugen und so verließ ich den Backstagebereich und gleichzeitig die Band. Wieder schade.

Die CD floppte, bei der Veröffentlichung waren Peter Hahn und Rainer Kind schon nicht mehr dabei, weil auch sie das sogenannte „Management“ und das Zahlungsverhalten nicht mehr akzeptierten. Nach einigen Konzerten in geänderter Besetzung und mit der Band Kiessling und Konsorten war dann endlich Schluß. Eigentlich auch Schade.

 

16. Pause

Kurze Zeit später löste sich Spotlight auf. Die Festgeschäfte wurden weniger, die Bandmitglieder hatten ihre Ausbildungs- oder Studienzeit absolviert, manche hatten eine Familie gegründet. Die Notwendigkeit zusätzlich Geld zu verdienen und die dazu benötigte Zeit war nicht mehr vorhanden. Es gab noch einige Gehversuche als Duo oder Trio, aber auch die verliefen im Sande.

Da sich bei uns der erste Nachwuchs einstellte, verließ ich aus familiären Gründen auch Double Dick, die sich dann nach Versuchen mit anderen Musikern noch zu einem fulminanten Abschlusskonzert hinreißen ließen um dann auch diese Aera zu beenden.

Eine Zeitlang spielte ich also in keiner Formation und machte „Erziehungsurlaub“. Natürlich nicht ohne den ein oder anderen Gig zu spielen.

Werner Müller spielte damals in einer professionellen, deutschlandweit über Agentur auftretenden Vier-Mann-Band. An Silvester war in Bremen im Maritimhotel eine Veranstaltung zu bestreiten. Werner und der Keyboarder hatten allerdings schon einen anderen Termin zugesagt, sodass er Thomas Schneider und mich bat einzuspringen. Es gab, wie an Silvester üblich, doppelte Gage, die Fahrtkosten wurden übernommen und eine Nacht im Luxushotel mit Abendmenu winkte. Einziger Haken, es war Somkingzwang! Woher jetzt so ein Teil beziehen. Hier war guter Rat teuer. Ich klagte meinem Freund Markus mein Leid und er sagt, dass er kürzlich den alten Smoking seines Vaters, der in den 60er Jahren durchaus der letzte Schrei gewesen sei, aus dem Altkleidersack gerettet habe. Der Anzug saß wie angegossen und wir sagten den Auftritt zu. Leider hatten wir nur einmal die Möglichkeit zu proben, doch das musste reichen. Den Smoking ordentlich im Kleidersack aufgehangen, machten wir uns auf den Weg nach Bremen ins Maritimhotel. Hier angekommen bauten wir die Anlage auf, machten ein Soundcheck und wollten uns gerade zwecks Körperreinigung und Garderobenwechsel in unsere Gemächer zurückziehen, als der Hotelmanager auf uns zukam und uns bat doch das Silvestermenu schon jetzt gleich einzunehmen, da zur offiziellen Uhrzeit nicht genügend Platz vorhanden sei, weil alle Tische ausgebucht waren. Man führte uns quer durch den ganzen Saal an eine gedeckte Tafel, an der wir uns unser Abendmahl schmecken ließen. Während wir speisten, füllte sich der Saal mit Menschen in Abendkleidung und der befrackte Pianist am Flügel, begann mit seiner Unterhaltungsmusik. Als wir gesättigt waren, mussten wir den Rückweg, an den festlich gewandeten Menschen vorbei antreten. Da wir noch in Räuberzivil gekleidet waren, zogen wir natürlich die Blicke der feinen Gesellschaft auf uns und es wurde uns bewusst, wo der Name Spießrutenlauf seinen Ursprung hat.

Nach erfolgter Dusche verabredeten wir uns in meinem Zimmer um dort im Groben den Programmablauf festzulegen. Wir saßen noch nicht lange da, als das Telefon klingelte. Es meldete sich die junge Dame von der Künstleragentur, die zu unserer Betreuung abgestellt war. Sie lud uns in ihre Suite ein und betonte, dass sie einen Whirlpool habe, den wir doch gemeinsam bei einem Gläschen Champagner benutzen könnten. Wir lehnten dankend ab, hatten wir uns doch bei der Begrüßung ein Bild von der Dame gemacht, dass es nicht zuließ mit ihr das Bad oder gar sonstiges zu teilen.

Nachdem wir unser erstes Set beendet hatten, hörten wir wie eine Dame, die sich zuvor im Speisesaal an unserem Auftreten gestört hatte, ihrem Tanzpartner zuraunte: „Siehst Du, jetzt sind sie genau so schick wie wir.“

Der Abend wurde ein riesen Reinfall, nichts von dem Geprobten klappte und wir entschlossen uns schließlich auf Nummer sicher zu gehen und deutsches Liedgut von alten Schlagerbarden zu Gehör zu bringen. Das Publikum war sicher froh als wir unseren Auftritt beendeten, beschwerte sich aber bei der Hotelleitung über den bezahlten Obulus für die Galaband.

Am nächsten Morgen verließen wir nach einem opulenten Frühstücksbuffet, fluchtartig die Lokalitäten, nicht ohne vorher, die komplette Minibar geleert zu haben, um somit noch ein paar Mitbringsel für die Daheimgeblieben unser Eigen nennen zu dürfen.

Ich habe weder von den beiden Musikerkollegen, noch von der Agentur jemals wieder etwas gehört.

Eine Hochzeit ist mir aus dieser Zeit noch Gedächtnis haften geblieben. Thomas und ich spielten Tischmusik und in Ermangelung eines drauf ausgerichteten Programms sagte ich: „Wir spielen einfach einen Swing in G-Dur, im Bluesschema.“ Rhythmus eingestellt und los gings. Improvisation! Nach gefühlten 15 Minuten kam einer der Hochzeitsgäste zu uns und meinte anerkennend: „Das ist ja Jazz was sie da spielen, Ich kenn mich aus ich bin nämlich Musiklehrer!“

Auch mit Kalle spielte ich ab und zu in dieser Zeit. Unter anderem auf einem Saardampfer aus Mettlach. Der Grund war der 50. Geburtstag einer Dame aus Saarhölzbach. Es war auch eine desasstreuse Veranstaltung, denn jedes Mal wenn der Kapitän Gas gab, vielen meine kompletten Keyboards aus, mussten neu gestartet werden und wir konnten von vorne beginnen.

Unter der Bezeichnung Trio Grande spielte ich noch mit Thomas und Wolfgang eine Karnevalssaison in Zewen in meiner früheren Stammkneipe, beim „Themmy“: Die Band hatte aber ebenfalls keine Zukunft.

17. Double Dick die Zweite

Lange hielt ich das natürlich nicht aus, bis es wieder anfing in den Fingern zu jucken. Ich rief Dick an und sagte: „Wir bringen die Band wieder zusammen.“ Er war sofort dabei und wir trommelten die anderen Jungs zusammen. Lediglich Dieter wurde durch Thomas Schneider von Spotlight ersetzt und den Keyboardpart von Peter May übernahm ich, da dieser mit seiner neuen Combo, der Leiendecker Bloas mehr als ausgelastet war. Wir probten was das Zeug hielt und waren zum Schluss richtig gut. Das Programm bestand größtenteils aus Südstaaten Rock von den Allmann Brothers über Lynyrd Skynyrd bis zu 38 Special. Meistens suchten wir uns unbekannte Titel aus, die aber trotzdem gut ankamen. Bei einem Konzert in Osburg sagte ein befreundeter Musiker zu unserem Techniker: „Mensch, sind die gut geworden und alles eigene Titel!“ Kein einziger Titel stammte aus unserer Feder.

Die Proben fanden über einer Schreinerei und einer afrikanischen Trommelbauerei statt in der es immer roch als sei gerade der Hund des Besitzers geschlachtet und die Haut des armen Tieres zu Fellen für die dort erstellten Schlaginstrumente verarbeitet worden. Geheizt wurde über einen nicht sehr vertrauenerweckenden Holzofen mit einem maroden Ofenrohr. Mich wundert es bis heute, dass die Bude nicht in Flammen aufgegangen ist. Der Boden war so morsch, dass Wolli während einer Probe mit seinem Schlagzeugstuhl an einer Ecke durch die Decke krachte und man in die darunter liegende Schreinerei schauen konnte.

Trotzdem erschein eines schönen Tages der Vermieter wegen irgendwelcher Differenzen bei der Bezahlung. Er stellte sich breitbeinig mit falschherum aufgesetzter Baseballkappe und in die Hüfte gestemmten Fäusten vor uns und fing an zu lammentieren, was Wolli anschließend zu dem Ausspruch veranlasste: „Ein liebenswerter Mensch, aaaaaaaaber ein Arschloch!“

Ein Konzert gaben wir auf einem Rockertreffen in der Eifel beim MC Ramlers aus Arzfeld. Wolli hatte an diesem Tag einen kleinen mobilen Fernseher dabei den er neben seiner Schießbude aufbaute, da ein für ihn wichtiges Fußballspiel übertragen wurde. Der Kommentar eines Technikers war: „Wie ist der denn drauf?“ Eine superprofessionelle Anlage aus Belgien mit dazugehörigem Licht. Echt geil. Wir bluesten und rockten was das Zeug hielt nur interessierte das niemanden der zahlreich erschienen Rocker aus verschiedenen Clubs. Ich habe mir an diesem Abend einen Käfig um die Bühne gewünscht wie bei den Blues Brothers um eventuellen Ausschreitungen gegenüber den Musikern vorzubeugen. Die Jungs ließen uns allerdings in Ruhe und vermöbelten sich nur gegenseitig und das heftig und häufig.

Lange hielt sich Reunion jedoch nicht, da niemand mehr da war, der sich um Auftritte kümmerte und eine Band die nur probt und nicht spielt ist nun mal nicht das Gelbe vom Ei.

18. Die Wilddiebe

Eines schönen Tages bekam ich einen Anruf von Günther Kaudy, einem Bassisten der sich durch einige bekannte Bands der Region einen Namen gemacht hatte. Er fragte mich ob ich nicht Lust hätte eine neue Formation zu gründen. Auf meine Gegenfrage, was denn für eine Stilrichtung gespielt werden sollte antwortete er mir relativ zögerlich, dass sie gerne Volksmusik, aber im Stil der Zillertaler Schürzenjäger machen wollen. Ich war sofort begeistert, da ich ein ähnliches Projekt mit Möpp und Werner Müller aus der Taufe heben wollte, das aber nach der ersten Probe bereits gescheitert war. Joe Dussa sollte als Frontmann aggieren, ihn kannte ich bereits durch einen Aushilfsjob in seiner damaligen Countryband. Ein sehr guter Sänger mit Carisma. Gitarre spielte Lemmy Lehnartz ein bekannter Trierer Gitarrist, Schlagzeug Ingo Ternes ein noch unbeschriebenes Blatt an den Trommeln, aber seine Spielweise ließ gar nichts zu wünschen übrig, einer der besten Drummer mit denen ich bis dahin zusammenspielen durfte. Saxophon und Tenorhorn, Peter Berg ein Routinier und Akkordeon, Willi Hein.

Willi war blind, nahm seine Behinderung aber mit Humor. Wenn ich ihn zur Probe abholte sagte er immer: „Gut siehst du aus, was hast Du denn gemacht.“ Er brachte es auch fertig mitten im Lied aufzuhören und durchs Mikrofon zu rufen: „Ich hab die Nase voll, ich kann Euch alle nicht mehr sehen.“

An einem Sonntag hatten wir zwei Veranstaltungen auf der Saarpedal, einer Fahrradveranstlatung, bei der die Straße von Konz bis nach Merzig für Autofahrer gesperrt ist, zu spielen. Bei der ersten rauchte mir mein gutes, original Holz Leslie ab, was mich ziemlich ärgerte, da ich den nächsten Gig nun ohne diesen Effekt nur mit einem Jammervibrato überstehen musste. Zusätzlich war Willi, ganz entgegen seiner Natur, nur am nörgeln und am meckern was mir auch ziemlich auf die Nerven ging: „Willi, wenn Du nicht gleich ruhig bist, dann stelle ich Dich bei der nächsten Veranstaltung falschherrum auf die Bühne!“ was er nur mit: „Mir doch egal, krieg ich sowieso nicht mit!“ kommentierte. Wenn ich ihn heute nach langer Zeit wieder sehe oder am Telefon mit ihm spreche, weiß er immer schon nach den ersten Worten mit wem er es zu tun hat, auch ohne dass ich meinen Namen genannt habe. Faszinierend.

Kaudy war ein Diktator. Er wechselte die Musiker wie es ihm passte. Ein neuer Sänger sollte her, dann musste Willi gehen, ein zweiter Keyboarder kam dazu, ich habe zusätzlich zu Hammond, Keyboard und Akkordeon auch noch die Funktion des Frontman und Leadsängers übernommen, da der neue Sänger auch nicht das hielt was er versprach, ein zweiter Gitarrist wurde nachdem er sich die komplette Garderobe zugelegt hatte wieder rauskomplimentiert. Trotzdem spielten wir erfolgreich zusammen. Als dann die Zeit der Volksmusik so langsam zu Ende ging und er eine Schlagercoverband ala Guildo Horn aufziehen wollte, verabschiedete auch ich mich aus der Formation.

19. Essen und Trinken

Wer nie in einer Band gespielt hat, kann sich keine Vorstellung davon machen wie viele Variationen von schlechten Schnitzeln und Frikadellen es geben kann.

Normalerweise sind in der Gage eines „Muckers“ eine möglichst warme Mahlzeit und Getränke im üblichen Rahmen enthalten.

Dies ist ein sehr dehnbarer Begriff. Es gibt Veranstalter, die sich bezüglich des Essens nicht lumpen lassen. Leider ist das nicht die Regel. Von steinharten Pizzen über in Plastiktüten aufgewärmte, sogenannte Wurstklopse, bis zu Wachteln im Spinatmantel und Schnitzel mit drei verschiedenen Saucen sind hier alle Scheußlichkeiten möglich.

Auf Hochzeiten und Familienfeiern sitzen die Musiker häufig mit an der Festtafel und dürfen nach Lust und Laune mitschlemmen. Ein Hochzeit habe ich erlebt, bei der wir im Vorraum essen mussten und die leckersten Sachen, wie verschiedene Braten, Gemüse, Kartoffeln, angeführt von einer Rindfleischsuppe mit angeschlossenem Tafelspitz an Meerrettich und einer Eisbombe zum Nachtisch an uns vorbeigetragen wurden, während wir ein Stulle mit Salami und Käse bekamen. Dementsprechend hochmotiviert haben wir uns natürlich anschließend auch der Tanzmusik gewidmet.

In Binsfeld machten wir immer um 23:00 ein halbe Stunde Pause, begaben uns in die Küche, in der extra für uns gekocht wurde. Hier war das Essen immer gut und reichlich. Meistens kredenzte uns Klothilde die Küchenfee Pommes, was Wolfgang immer zu der Frage nach der Majotube veranlasste, die bei Benutzung die Töne eines von Diahrroe geplagten Zeitgenossen nachahmte.

Mit den Getränken waren die meisten Wirte nicht knauserig, wussten sie doch, dass wenn die Stimmung der Band gut war, sie einen wesentlich höheren Unterhaltungsfaktor hatte, als wenn das Gegenteil der Fall war.

Nur gelang es so manchem Musiker nicht immer im üblichen Rahmen zu bleiben und der Alkoholgenuss führte zu motorischen Ausfällen, die auch schon mal mit einem Sturz ins Schlagzeug enden konnten. Auch war manch einer nicht mehr ganz Herr der Muttersprache, was aber nicht so tragisch war, da neunzig Prozent unseres Programms in englisch war.

20. Havanna Club Orchester

Zufällig traf ich Willi Thein, den ehemaligen Schlagzeuger der erfolgreichen Band Reminders, der mit Pello Bender, früher Gitarrist bei Lusthansa einer deutschlandweit aggierenden NDW Band, Äbbi Simons, einem Profi Bassisten der u.a. schon bei Andy Borg und Purple Schulz mitgespielt hatte und einer gutaussehenden aber mäßig singenden jungen Dame ein Projekt am laufen hatte, dass noch einen Keyboarder benötigte. Ich sagte zu. Nach kurzer Zeit verlies die Sängerin die Band. Es wurde noch ein Zeit lang gebprobt, ich hatte jedoch den Eindruck, dass das anschließende Essengehen wichtiger war als die Probe, ehe sich auch dieses Orchester wieder in Wohlgefallen auflöste ohne einen Auftritt gehabt zu haben.

21. Bowling Bones

Berühmte Bands beginnen mit B.

Das war eine Formation, die wir Ende der 90er Jahre aus der Taufe hoben. Sie setzte sich hauptsächlich aus der letzten Double Dick Besetzung zusammen. Nur der Schlagzeuger war ein neuer Mann. Herrmann Fass. Krempel spielte nicht mehr mit. Es sollte ursprünglich eine Blues Band mit dem Namen Fulltons Corner in Anlehnung an den Film Crossroads werden. Das Covern hatten jedoch alle nach kurzer Zeit endgültig satt und so begannen wir eigene Titel mit teilweise ironischen deutschen Texten zu schreiben. Die Probenarbeit war ziemlich effektiv. Sodass wir nach ca. einem Jahr genug Titel zusammen hatten um eine eigene CD aufzunehmen. Der Titelsong ISS wurde in kleineren lokalen Radiosendern und als Pausenfüller im OK Fernsehsender gespielt. Nach zwei Jahren hatten wir immerhin zwei Auftritte hinter uns gebracht und ich verließ die Band, da ich diesem Stress nicht mehr gewachsen war.

22. Aragon

Gott sei Dank bot sich nun die Möglichkeit in eine der ältesten noch bestehenden Rockbands Triers aufgenommen zu werden. Die Jungs waren alles alte Bekannte u.a. Herrmann Fass am Schlagzeug mit dem ich schon bei den Bones gespielt hatte. Gunni am Bass, Konny Solo Gitarre und Beppo Rhythmusgitarre. Die Sängerin kannte ich jedoch noch nicht. Ein für meine Verhältnisse junges Mädchen mit einer riesigen Rockröhre, die mich bei der ersten Probe vom Hocker riss. Beppo, der Rhythmusgitarrist und einziges übriggebliebenes Gründungsmitglied war die gute Seele der Band. Er sorgte für Auftritte und was noch wichtiger war, für die Getränke im Proberaum.

Der Proberaum war in einem Luftschutzbunker unter der Luxemburger Strasse in Trier untergebracht. In diesem Kellerloch gab es keine Insekten, ich nehme an selbst die Silberfische waren ertrunken, da Die Feuchtigkeit enorm hoch war. Die Temperatur war immer gleichbleibend sodass selbst im Sommer mit einem Gasofen geheizt werden musste. Sonst war der Raum jedoch super eingerichtet, eine Theke mit Kühlschrank, ja sogar ein Fernseher mit DVD-Player fanden sich hier wieder. Früher soll hier sogar mal eine Sofagarnitur gestanden haben auf der so mancher Musiker beim Schäferstündchen ertappt wurde. Leider war auch in dieser Kapelle die Fluktuation ziemlich groß, zuerst stiegen der Bassist Gunni und Herrmann der Schlagzeuger aus. Als die Nachfolger Heinz (Bass) und Acka (Drums) soweit eingespielt waren, strich der Bassist auch schon wieder die Segel und nochmal musste ein neuer Mann gesucht und eingearbeitet werde. Als dann die Sängerin Ello, mit der ich vorher das Duo TipTopTwo gegründet hatte in die Türkei auswanderte, war auch für mich, letztendlich auch aus familiären Gründen das Ende bei Aragon gekommen

23. Tip Top Two

Wie ist der Stand nun nach über 30 Jahren Bühnenerfahrung?

Viele Musiker, ja sogar Schlagzeuger, verdingen sich, dank fortgeschrittener Technik als Alleinunterhalter oder wie man in feinstem Denglisch zu sagen pflegt, als Entertainer oder Dijay. Alles was weiss wie man ein Keyboard einschaltet, kann heute Tanzmusik machen. Selbstunterhalter sind gefragt, sind sie doch billiger, leiser und platzsparender als eine komplette Band. Das Repertoire umfasst hunderte von Midifiles und Mp3s, die mit Hilfe von Vocalisten (Chormaschinen) besungen werden. Ein Unterschied zum Original ist kaum hörbar. Das Programm dieser Leute gleicht sich wie ein Ei dem anderen. Wolfgang Petry, Mallorca-Party-Bumms- und Saufmusik, Mucke auf unterstem Niveau. Ein DJ der nur MP3s laufen lässt verdient heute locker das, was wir uns früher durch fünf Musiker geteilt haben. Die Frage ist nur, gäbe es so viele Angebote dieser Art, wenn nicht auch ein Markt dafür vorhanden ist? Sicher nicht!

Viele Leute wollen das genau so, sie wollen Spaß, Party, Saufen, Gröhlen, einfach die Sau rauslassen. Das habe ich in über 30 Jahren immer wieder erlebt und das ist ja eigentlich auch der Sinn der Sache, denn niemand geht auf eine Tanzveranstaltung um sich gepflegt über die großen Philosophen der Weltgeschichte zu unterhalten. Nur hat sich das Niveau dieser Feten leider sehr nach unten bewegt. Auch ist das Ergebnis dieses Feierns immer häufiger Koma statt Kater. „All Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist,“ wie schon Paracellsus sagte.

Wenn man heute jemanden fragt der auf einem Fest gewesen ist, wie denn die Musik war. Bekommt man zur Antwort: „ Zu laut“, „Och nee, die haben nur alte Schinken gespielt.“, „Echt super, tolle Stimmung!“, „Geil, wie früher.“

Fragt man dann nach der Besetzung oder gar dem Namen der Band bzw. des Entertainers erntet man meist nur Schulterzucken. Es interessiert sich kaum noch jemand für den Darbietenden weil er austauschbar ist und nichts Individuelles darstellt.

Auch ich habe mich mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Ohne Musikmachen geht es nicht! Regelmäßig in Proben erscheinen kann ich nicht! Alleine spielen, will ich nicht! Komasaufpartys, brauche ich nicht. Mich in die Reihe der Ebenbeschriebenen einzufügen, habe ich nicht nötig! Was bleibt?

Eigentlich lag die Lösung ganz nah. Man muss nur erstmal darauf kommen. Meine herzallerliebste Tochter Marie, singt schon seit frühester Kindheit von morgens bis abends, war schon Mitglied in verschiedenen Chören und hat auf meine Nachfrage hin, gesteigertes Interesse bekundet mit mir zu musizieren.

Also habe ich aufgerüstet, neues Keyboard, neue PA, Licht plus Nebelmaschine und los ging’s. Klar, spielen wir auch mit Midifiles, denn die Zuhörer sind verwöhnt, was den Sound angeht. Das Programm ist jedoch das hüpfende Komma. Wir haben uns anspruchsvolle Titel ausgewählt, die auch jeder kennt. Rock und Pop Musik aus 50 Jahren und das Ergebnis kann sich hören lassen. Der Gesang kommt nicht aus der Konserve sondern wird von uns live interpretiert und Marie lässt, selbst bei mir als altem Hasen, immer wieder Gänsehaut aufkommen, wenn sie mit viel Gefühl und Herzblut Lieder auf den Punkt intoniert. Ein Publikum für diese Art von Tanzmusik scheint es auch zu geben, bekommen wir doch nach jeder Veranstaltung ausschließlich positive Resonanzen. Hoffentlich geht das noch lange so weiter.

Ideen für neue Bands und Projekte habe ich immer wieder. Das letztendliche Umsetzen jedoch ist eine große Hürde, die ich momentan zu nehmen nicht weiß. Ich bin mir jedoch sicher, dass ich früher oder später noch die ein oder andere Formation aus dem Boden stampfen werde, mit oder ohne Erfolg. Denn eines habe ich sicher in all den Jahren gelernt:

Du machst nicht nur für das Publikum Musik, sondern auch für Dich selbst.

Ein Star wird aus mir keiner mehr werden. Auch das ist eine Erkenntnis, die erst im Laufe der Jahre gekommen ist, glomm doch noch immer der Wunsch oder die Hoffnung in mir musikalisch etwas Großes zu erreichen. Man muss erst erkennen was man wirklich kann und wo seine Grenzen sind um zu wissen wo man steht. Schuster bleib bei Deinen Leisten. Musik muss Spaß machen, wie gesagt dem Zuhörer und dem Interpreten. Ich möchte mir und anderen Menschen noch lange Freude bereiten, wenn mir das gelingt, habe ich mein Ziel erreicht.

24. Schlusswort

Eine Geschichte möchte ich dem geneigten Leser nicht vorenthalten, auch wenn sie anfänglich nicht den Eindruck vermittelt mit Musik in Verbindung zu stehen.

Meine überalles geliebte Ehefrau hatte sich den Luxus eines neuen Dampfbügeleisens geleistet. Nach einiger Zeit des Bügelns entwickeltet dieses Gerät nun einen Nebel, dass unsere Kinder schon sagten: „Papa, guck mal, Du hättest Dir gar keine Nebelmaschine kaufen müssen, Du hättest Mamas Bügeleisen mitnehmen können.“ Auch mir kam die vermehrte Dunstentwicklung recht merkwürdig vor. Bevor ich nun jedoch die Quittung dieser Dampfmaschine raussuchte um sie umzutauschen unterzog ich sie noch einer genaueren Untersuchung, konnte jedoch keinen Fehler finden, bis mein Blick auf den Wasserkanister der unter dem Bügelbrett stand fiel. Hier prangte in großen roten Buchstaben:

NEBELFLUID“

Mein Herzblatt hatte im Eifer des Gefechtes das Wasser mit Nebelfluid verwechselt und der Kanister war schon fast leer.

Wenn man mich fragte, wie ich mir die Zukunft idealerweise vorstelle, würde die Antwort lauten: „Ich möchte gerne mit meiner Frau, die in den ganzen Jahren meine Eskapaden und Extratouren toleriert und sogar unterstützt hat, in einem Zirkuswagen die Ostseebäder abklappern, auf Marktplätzen zum Tanz aufspielen und so unseren Lebensunterhalt verdienen. Ob mit oder ohne Bügeleisen ist völlig egal.“


 

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